Beton mischen in Nepal? Duschkabinen schrubben oder Wünsche erfüllen? Alles keine Aufgaben, die zu den erwartbaren Studieninhalten an einer Wirtschaftshochschule gehören, oder? In dem berufsbegleitenden Masterstudiengang Digital Transformation & Sustainability wird größtenteils projektbasiert gelernt und dazu gehört auch, sich selbst herauszufordern und die eigene Komfortzone zu verlassen. Denn der Studienplan des vierten Semesters beinhaltet u.a. das Modul „Sustainability Challenge“. Für die Studierenden bedeutet dies einen Perspektivwechsel einzunehmen und Einsatz zu zeigen: für die Gesellschaft, in der wir leben. Zum ersten Mal hat dies nun der Jahrgang von 2018 erlebt. Wir haben dazu mit der Modulverantwortlichen Johanna Schnurr gesprochen.
Sustainability Challenge – So (er)leben unsere Studierenden Nachhaltigkeit
Liebe Frau Schnurr, wie passt die Sustainability Challenge, letztlich ja eine Art nachhaltiges Praktikum, an eine duale Wirtschaftshochschule?
Ganz hervorragend – sowohl für die Hochschule als auch für die Unternehmen! Die SC ist ein Seitenwechsel in den Bereich der Nachhaltigkeit: Die Studierenden erleben sich für die Zeit ihrer Challenge in einem ganz anderen Kontext und erlernen dadurch Kompetenzen, die wir ihnen sonst so nicht vermitteln könnten. Und davon profitieren alle. Während sie sich in ihrem „normalen“ Studium zwischen Wirtschaft und Wissenschaft bewegen, haben sie hier die Chance, „ins Machen“ zu kommen. Die Frage, wie Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltiger werden können, zieht sich ja durch den gesamten Studiengang und wird auch in den Projektarbeiten thematisiert. Hier wird es noch eine Spur praktischer: Die Studierenden entdecken, wie NGOs oder Social Business ticken; sie erfahren, dass Arbeit nicht nur Erwerbsarbeit ist; sie spüren einen anderen Lohn als Geld: Dankbarkeit, Menschlichkeit, Freude. Man verlässt einfach für einen begrenzten Zeitraum seine „Blase“. Genau diesen Ansatz verfolgt bspw. auch die Patriotische Gesellschaft, die in Hamburg einen Seitenwechsel für Führungskräfte anbietet.
Gleichzeitig vermitteln wir aber durch die Eigenständigkeit des Moduls auch, dass Engagement für Nachhaltigkeit nicht etwas ist, was „on top“ zu leisten ist. Es geht vielmehr darum, sich aus dem eigenen Alltag heraus einzubringen. Was bei Unternehmen das Kerngeschäft ist, ist in diesem Fall das duale Master-Studium.
Worum genau geht es bei diesem Modul, was ist das Ziel, welche Inhalte sollen vermittelt werden?
Kern des Moduls ist es, dass die Studierenden einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten. Dieser Beitrag umfasst mindestens 40 Stunden Aktivitätsspende, zusätzlich Vor- und Nachbereitung sowie Reflexion. In der Sustainability Challenge geht es aber auch darum, sich selber herauszufordern.
Auf individueller Ebene diskutieren wir zweierlei: Zum einen das Engagement für Nachhaltigkeit: Welches SDG ist mir besonders wichtig? Wo möchte ich einen Beitrag leisten, um Veränderung zu bewirken? Auf der anderen Seite geht um Kompetenzerwerb: Welche Ziele habe ich für mich? Was kann ich bereits gut und wo liegt mein Scope für Wachstum? Die Studierenden sollen mit ihrem Engagement auch aus ihrer Komfortzone herauskommen. Wer sich etwa schon lange als Schiedsrichter im Fußball engagiert, spendet seine Aktivitätszeit nun vielleicht einer Organisation der Obdachlosenhilfe. Wer also vorher schon auf Fair Play geachtet hat, lernt jetzt seine eigenen Vorurteile zu überwinden.
Wie weit man dann konkret geht, ist aber eine individuelle Entscheidung. Nicht jeder kann bspw. in der Tierrettung oder Drogenhilfe arbeiten. Es geht um Herausforderung und nicht um Ãœberforderung.
Das Modul wurde zum ersten Mal durchgeführt. Wie wurde die Challenge von den Studierenden angenommen?
Wirklich sehr positiv: schon quasi in der Vorbesprechung wurde deutlich, dass die Studierenden gerne „ins Machen“ kommen wollen und bereit dafür sind, Lernen nochmal anders zu erleben. Viele hatten schon zu Beginn konkrete Ideen, wo sie sich einbringen wollen; andere sahen den Mehrwert, mal etwas zu tun, was sie sich bisher nicht getraut haben. Es ist ja ein Unterschied, ob ich überlege, mich für Straßenhunde zu engagieren, die quasi „unschuldig“ sind, oder etwa für straffällig gewordene Jugendliche.
Gleichzeitig war es eine organisatorische Herausforderung. Anders als alle anderen Module findet die SC nicht im regulären Unterricht statt. Denn nicht jede Aktivität passt in ein starres Zeitfenster „Montagvormittag von 9 bis 12“. Das hat zur Folge, dass die eigentliche Studienleistung in der sog. Selbstlernzeit liegt und die Studierenden ihre freie Zeit in die Challenge einbringen. Aber so werden eben auch Challenges in Nepal oder in der Landwirtschaft möglich. Übrigens liegt die Herausforderung häufig auch auf der Seite der Organisationen: Nicht jede Wunsch-Initiative war bereit, sich auf unser Zeitmodell einzulassen.
Und dann wurde die Flexibilität von uns allen auch noch viel stärker eingefordert. Denn die Corona-Beschränkungen haben zu Beginn des Semesters eigentlich alle Challenges erstmal zum Stillstand gebracht. Da ja auch nicht absehbar war, wann bestimmte Vereine ihre Arbeit wieder aufnehmen, haben sich einige Studierende umorientiert. Andere arbeiten stärker digital als eigentlich geplant. Aber es stimmt mich sehr positiv, dass weder die Dynamik noch das Engagement abgenommen haben. Bei manchen zeichnet sich auch jetzt schon ab, dass sie sich weit über den geforderten Umfang hinaus engagieren oder „ihre Initiative“ längerfristig unterstützen. Wenn es so gut zusammenpasst, ist es natürlich wirklich genial.
Unterm Strich kann ich sagen, dass die Studierende ihre Sustainability Challenge wirklich angenommen haben und von den tollen Erfahrungen, über die sie berichten, bin ich tief beeindruckt. Da ist wirklich viel Herzblut und Leidenschaft dabei!
Auf ihrem Blog Digistainable stellen die Studierenden ihre Projekte detailliert vor:.